
Die ersten Schwangerschaftsmonate habe ich gegessen worauf ich Lust hatte – das war zu Beginn vor allem eines: viel! Dass ich daran etwas ändern muss hätte ich nicht vermutet. Doch dann kam der Zuckerbelastungstest…
Nachdem der Zuckerbelastungstest als kostenfreie Untersuchung im 6. Schwangerschaftsmonat vorgesehen ist, habe ich ihn auch gemacht. Und so war ich Mitte Mai in einem Labor in Wien. Wie vorgesehen kam ich nüchtern – es gab davor also nichts zu essen. Ich hatte zwar einen Termin, musste mich für die Anmeldung aber wie alle anderen anstellen. Irgendwie hatte ich offenbar einen schlechten Tag erwischt und es dauerte knapp 45 Minuten bis ich am vorderen Ende der Schlange angekommen war.
Ein Vormittag im Wartezimmer…
Nach der Anmeldung lief dann aber zum Glück alles wie am Schnürchen. Es dauerte nicht lange und ich wurde auch schon aufgerufen. Erst wurde ich in den Finger gepiekst und sorgte ob meines niedrigen Wertes für Verwunderung. „Essen Sie nichts Süßes?“ wurde ich gefragt. „Doch, schon ein bisschen“ sagte ich und dachte mit Wehmut an die riesige Naschschüssel voller Schokolade, die seit Wochen in unserem Büro stand und mich jeden Tag mehrfach magisch anzog und auf die ich heute verzichten musste.
Nach dem Fingerpieks wurde aus der Vene Blut entnommen und danach musste ich eine Zuckerlösung trinken. Dann hieß es warten…eine Stunde lang. Ich suchte mir ein Plätzchen im Wartezimmer und widmete mich meinem Buch. Bis sich zwei Pensionisten neben mich setzten…
Sie beschwerten sich über die lange Warteschlange und dass es eine Frechheit ist, dass nur zwei Ärzte im Dienst sind. Ich war froh, als sie zur Blutabnahme aufgerufen wurden. Leider waren die Plätze neben mir noch frei, als sie wieder raus kamen. Ich Glückliche kam also nochmal in den Genuss ihrer Gesellschaft und ihrer Gespräche. Wusstet ihr, dass Ärzte mit Migrationshintergrund – insbesondere die südländische Sorte – Nadeln viel schmerzfreier in die Arme ihrer Patienten rammen können? Nein? Ich auch nicht. Das Pensionistenpärchen hat meine Bildungslücke aber zum Glück geschlossen. Sie schwärmten regelrecht vom Arzt, der ihnen gerade Blut abgenommen hat.
Ich war hocherfreut als die erste Wartestunde endlich vorbei war und ich wieder aufgerufen wurde. Diesmal kam ich auch zum südländischen Arzt und konnte mich von seiner Feinfühligkeit persönlich überzeugen. Tat nicht mehr oder weniger weh als bei der Ärztin, bei der ich zuvor war…
Dann hieß es nochmal warten – diesmal so weit entfernt wie möglich von jeglichen Pensionisten. Nachdem mir nach einer weiteren Stunde zum dritten Mal Blut abgezapft wurde verließ ich nach rund drei Stunden hungrig und in beiden Ellenbeugen zerstochen das Labor.
Ab zur Ernährungsberatung
Der Wert der letzten Blutabnahme lag leider etwas über dem Referenzbereich. Meine Frauenärztin schickte mich also zur Ernährungsberatung. Ich wurde eine Stunde über gesundes Essverhalten aufgeklärt und musste anschließend an drei Tagen meine Zuckerwerte vor und nach dem Essen aufschreiben. Da wieder einige Werte über dem Referenzbereich lagen musste ich weiterhin auf meine Ernährung achten, Werte aufschreiben, zwischen den Mahlzeiten mindestens drei Stunden auf Nahrung verzichten und regelmäßig zur Kontrolle.
Ich möchte die Spannung nicht vorweg nehmen, aber die Schwangerschaft ist jetzt fast vorüber und ich messe immer noch jeden zweiten Tag meine Werte. Leider war es nicht damit getan, dass ich auf zuckerhaltige Lebensmittel verzichtete und zu jeder Mahlzeit eine große Schüssel Salat aß. Ich musste die Kohlenhydratmengen deutlich reduzieren und konnte ausser Salat und Gemüse kaum etwas gefahrlos essen. Und ja – naschen war so gut wie verboten. Hin und wieder ein Stückchen Schokolade war ok, aber die Naschschüssel im Büro war für mich ab jetzt tabu.
„Ich hab hunger“ – „Ich will Schokolade“ – „Eis! Ich will ein Eis!“ – „Alle dürfen Kuchen essen, nur ich nicht“ – Ein Auszug aus meinen Raunz-Repertoire der letzten Monate, das im Nachhinein betrachtet etwas an nörgelnde Kinder erinnert. So kann sich mein Mann bereits jetzt bestens auf die Kindererziehung vorbereiten. 😀 Er hatte es die letzten Monate nicht immer leicht mit mir und musste mich regelmäßig daran erinnern, dass ich es für den kleinen Menschen in meinem Bauch mache. Und auch für mich – denn erhöhte Zuckerwerte können dazu führen, dass die ungeborenen Kinder zu groß und zu schwer werden. Was pummelige Riesenkinder für eine Geburt bedeuten kann man sich ungefähr vorstellen – und ja, das will man als werdende Mutter unbedingt verhindern!
Da ich weder Lust habe ein kleines Michelinmännchen zu gebären noch Insulin zu spritzen, hab ich mich tatsächlich den Großteil der Zeit zusammengerissen. Auswärts essen war zwar in den letzten Monaten so gut wie unmöglich, dafür nutzte ich die Gelegenheit und probierte neue Rezepte aus. Die letzten drei Monate waren geprägt von großer Freude, wenn die Zuckerwerte gut waren, dazwischen immer wieder große Enttäuschung, wenn die Zuckerwerte unerwartet deutlich drüber waren. Ein ständiges Auf und Ab, das mich ziemlich gefordert hat.
Das „Gute“ an der ganzen Sache
Die Waage beim ersten Frauenarztbesuch nach der Ernährungsumstellung zeigte plötzlich 5 Kilogramm weniger an. Ich war kurz etwas besorgt, ob abnehmen in der Schwangerschaft in Ordnung ist. Die Frauenärztin war jedoch sichtlich erfreut. Seitdem ist auch so gut wie kein Gewicht dazu gekommen – maximal zwei Kilogramm vielleicht. Nach der Geburt sollte ich also relativ rasch mein altes Gewicht wieder haben. Ausser ich hole dann alle versäumten Kuchen, Eis, Schokoriegel, Nudeln, Baguette, Kekse, Bananen und und und nach. 😀
Ich habe großen Respekt vor allen Menschen, die krankheitsbedingt dauerhaft auf eine zucker- bzw. kohlenhydratreduzierte Ernährung achten müssen. Für mich ist dieses Kapitel nach der Geburt hoffentlich abgeschlossen. Dass es einen geringen Prozentanteil gibt, der auch danach noch weiter mit Diabetes zu kämpfen hat, verdränge ich erstmal.